Unsere Nähpannenserie geht in eine neue Runde und heute kommen wir zu einem Fehler, der entsteht, wenn du vor dem Nähen etwas Wichtige vergisst – das Vorwaschen.
Diese Nähpanne passiert meistens, wenn du einen neuen Lieblingsstoff gefunden hast und so ungeduldig bist ihn zu Vernähen, dass du das Vorwaschen vergisst.
Nähpanne # 06 ist also folgendes Problem: Du hast deinen neuen Stoff nicht vorgewaschen.
Das Vorwaschen ist für viele Stoffe wichtig. So vermeidest du Probleme, die nach dem Nähen und beim ersten Waschen deines fertigen Kleidungsstückes passieren.
Obwohl ich schon lange nähe, habe ich mir das Vorwaschen erst in den letzten Jahren richtig antrainiert.
Heute geht der Stoff direkt nach dem Kauf in eine separate Wäsche und wird erst dann in den Stoffschrank gelegt. Warum? Naja, da war dieses Erlebnis mit einem Kleid, was mich überzeugt hat, dass Vorwaschen sehr sinnvoll ist.
„ Ich nähe gern Kleider und im Sommer sind besonders luftige Kleider aus Viskosestoff sehr angenehm. Also nahm ich mir vor drei Jahren meinen Lieblingsschnitt für ein lässig fallendes T-Shirtkleid und schnitt den Stoff zu – ohne ihn vorgewaschen zu haben. Nachdem das Kleid fertig war, zog ich es im Sommer einmal an und steckte es danach in die Waschmaschine. Nach dem Waschen war der Saum des Kleides 15 cm kürzer und das lässige Kleid nur noch eine Tunika, die kaum den Po bedeckte…“
Seitdem wasche ich wirklich jeden Stoff vor, denn natürlich habe ich in den letzten Jahren bei stoffe.de auch gelernt, wofür Vorwaschen noch nützlich ist. Zudem habe ich einige Tipps, wie du deine vorgewaschenen Stoffe von den anderen unterscheiden kannst und wie du ein Projekt retten kannst, wenn es nach der ersten Wäsche doch zu kurz ist.
Tipp 1: Verstehen, wofür Vorwaschen wichtig ist
– Stoffe laufen bei der ersten Wäsche manchmal ein
– Stoffe bluten bei der ersten Wäsche manchmal aus (Ausbluten steht für Farbverlust bei der Wäsche)
Vorwaschen ist sinnvoll, denn Stoffe laufen manchmal bei der ersten Wäsche ein
Je nach Material laufen Stoffe bei der ersten Wäsche mehr oder weniger ein. Es gibt bestimmte Richtwerte, die bei verschiedenen Materialien gelten und an denen du dich orientieren kannst. In der Textilsprache Krumpfwert genannt. Dieser gibt an, wie viel Prozent ein Stoff einläuft.
So gilt für Baumwollstoffe ein Krumpfwert von 3-5% und sagt aus, dass sie in Längs- und Querrichtung einlaufen können. Viskosestoffe können bis zu 15 % einlaufen. Das sind dann auf ein Meter Länge Stoff schon ganze 15 cm Unterschied – eben der Unterschied zwischen Kleider- und Tunika-Länge.
Wichtig ist jedoch beim Einlaufen folgendes: Alles kann, nichts muss. Es gibt große Unterschiede zwischen den Stoffen und auch innerhalb der Materialien. So sind manche Stoffe auch schon mit einer speziellen Ausrüstung versehen oder haben in der Herstellung einen Prozess durchlaufen, der das Einlaufen reduziert oder sogar ganz stoppt.
Merke: Damit du sichergehen kannst, das dein vernähter Bekleidungsstoff nicht mehr einläuft oder nur noch ganz gering, solltest du immer Vorwaschen.
Vorwaschen ist sinnvoll, denn Stoffe bluten bei der ersten Wäsche manchmal aus
Je nach Ausrüstung, Ausgangsmaterial und verwendeten Farbstoffen bluten Stoffe bei der ersten Wäsche aus. Als Richtwert kannst du dir merken, dass blaue und rote Stoffe fast immer stärker ausbluten, als ein Gelber oder Grüner. Das liegt an den verwendeten Farbstoffen, wie zum Beispiel Indigo bei blauen Jeansstoffen.
Beim Vorwaschen solltest du daher möglichst keine Farben mischen – ähnlich wie bei der alltäglichen Wäsche. Du kannst in die Waschmaschine auch ein Farbfänger Tuch legen, damit die ausgeblutete Farbe aufgefangen wird.
Auch zum Vorwaschen solltest du ein sehr gutes Color-Waschmittel verwenden. Denn wenn die Stoffe ausbluten, sorgt das Waschmittel dafür, dass die überschüssige Farbe nicht in andere Farben hineinläuft. Das ist besonders wichtig, wenn du zum Beispiel einen roten Baumwollstoff mit weißen Punkten vorwäschst.
Tipp 2: Ideen, wie du vorgewaschene Stoffe markierst
Eine Freundin hat mir einmal einen praktischen Tipp gegeben, wie ich Stoffe markieren kann, die ich schon vorgewaschen habe: Vor dem Waschen das Stoffstück mit dem Versäuberungsstich der Nähmaschine versäubern.
Ist das Stoffstück versäubert, weiß ich, dass ich es schon in der Waschmaschine hatte.
Durch das Versäubern franst der Stoff bei der ersten Wäsche nicht aus. Ich habe also einerseits eine Gedankenstütze im Kopf, mit der ich mir merke, was vorgewaschen ist und was nicht. Andererseits ist die Idee praktisch und sorgt dafür, dass mein Stoff die Waschmaschine nicht mit Flusen und Fusseln verstopft.
Du kannst dir sonst auch an jedem Stoff, den du vorwäschst ein Stück als Muster abschneiden. Dafür eignet sich besonders die Ecke an der unser Label klebt. Auf dem Label stehen auch noch ein paar Informationen zu dem Stoff. Sammle die Stoffstücke und du hast ein schönes Stoffarchiv, das gleichzeitig super praktisch ist. Auf dem Label kannst du dir auch noch notieren, ob der Stoff eingelaufen ist, oder nicht.
Tipp 3: Projekte retten, wenn der Stoff nicht vorgewaschen vernäht wurde
Mein „Kleid“ konnte ich wieder retten. Denn zufälligerweise hatte ich noch einen Rest des Kleiderstoffes in meinem Stoffschrank. Also habe ich einfach einen Streifen des Stoffes zugeschnitten und an den Saum genäht. So konnte ich die Tunika wieder in ein knielanges Kleid verwandeln (den Stoffrest hatte ich natürlich dann vorgewaschen).
Dieser Tipp gilt besonders für gemusterte Stoffe, bei denen oft gar nicht auffällt, wenn ein Streifen angesetzt wird.
Bei zu kurzen Hosen oder Röcken kannst du zum Beispiel ein dekoratives Spitzenband an den Saum nähen und so wieder um ein Stück verlängern.
Oder du kreierst einfach ein Stück im modischen Color-Blocking-Trend und setzt einen einfarbigen Streifen in Kontrastfarbe an.
Dir fallen sicherlich noch andere kreative Ideen ein, wenn doch einmal ein Kleidungsstück zu kurz geraten ist.
Bist du Nähanfänger, dann wirst du mit diesen Tipps von Anfang an keine Probleme durch vergessenes Vorwaschen haben! Und ich wünschte, diesen Beitrag hätte es schon gegeben, als ich mit dem Nähen angefangen habe.