Vor einigen Tagen startete unsere Serie der häufigsten Nähpannen. Euer positives Feedback auf Facebook und die geschilderten Erfahrungen mit Nähpannen stimmten mich freudig und brachten mich zum Schmunzeln! Nun geht es weiter mit unserer Nähpannen-Serie und der nächsten Nähpanne und wie ihr diese vermeiden könnt.
Nähpanne # 09 ist folgendes Problem:
Du hast das Schnittmuster zu klein zugeschnitten und vernäht.
Hast du das schon einmal erlebt? Ein PDF-Schnittmuster ausgedruckt, vernäht und dann festgestellt, dass die Größe deinen Kindern doch nicht passt? Oder hast du ein Papierschnittmuster gekauft, dir deine Größe ausgesucht und am Ende doch ein Kleidungsstück produziert, was deiner Kleidergröße so überhaupt nicht entsprach?
Wenn dir einer der Fälle bekannt vorkommt, dann bist du nicht alleine. Zumindest mir sind beide Dinge schon passiert – und das leider nicht nur einmal:
„Mein erstes PDF-Schnittmuster war ein kostenloser Schnitt einer amerikanischen Schnittmusterfirma. Brav habe ich alle fünfzehn Seiten ausgedruckt und zusammengeklebt. Habe den Stoff zugeschnitten, genäht und am Ende ein fertiges Kleid in den Händen gehalten. Leider konnte ich es jedoch nur in den Händen halten, denn weder mein Oberkörper, noch meine Hüfte hätten in das Kleid gepasst…“
Das war vor drei oder vier Jahren, als ich begann mich im Internet nach kostenlosen Schnitten umzuschauen. Aus meinen Anfängerfehlern habe ich gelernt und einige Ideen gesammelt, wie ich das Nähmissgeschick vermeide.
Damit ihr nicht dieselben Fehler macht, wie ich, sind hier meine fünf Tipps, wie ihr ein Schnittmuster in der richtigen Größe auswählt, zuschneidet und vernäht.
Tipp 1: Maßangaben der Maßtabelle im Schnittmuster überprüfen
Jedes Schnittmuster hat eine eigene Maßtabelle. Denn ein Schnittmuster, welches mehrere Größen beinhaltet, wird immer für eine Standardgröße entwickelt und anschließend für die Größen hochgerechnet und erstellt. Diesen Vorgang nennt man Gradieren. Maßschneider können das Gradieren von Hand, in der Bekleidungsindustrie und in vielen Schnittmusterprogrammen läuft das Gradieren jedoch nach bestimmten Vorgaben im Programm automatisch.
Darum solltest du dir genau die Maßtabelle im Schnittmuster anschauen. Für welche Körperlänge ist der Schnitt? Entspricht die Körperlänge deiner Körperlänge, bist du größer oder kleiner? Wenn du kleiner bist, solltest du Schnitteile entsprechend kürzen. Bist du größer, musst du die Schnitteile verlängern. In manchen Schnittmustern ist dafür praktischerweise direkt eine Linie eingezeichnet, an der du den Schnitt verlängern oder kürzen kannst.
Eine Größentabelle ist meist von Firma zu Firma unterschiedlich. Das ist ähnlich, wie bei den Konfektionsgrößen von unterschiedlichen Modemarken. Du kennst sicherlich auch den Fall: bei der einen Modehauskette passt dir die Größe 42 und bei der nächsten kaufst du eine Nummer größer oder kleiner.
Die Standardgröße ist zudem von Land zu Land unterschiedlich. Falls du also einen tollen Schnitt im Ausland findest, dann schau auch dort erst in die Maßtabelle, bevor du mit dem Vorbereiten des Schnittmusters beginnst.
Für die amerikanischen Schnittmuster von Vogue Patterns, Butterick und McCalls, die wir führen, gibt es eine gute Übersicht zum Maßnehmen und Größe auswählen.
Tipp 2: Nahtzugabe enthalten oder nicht?
Bei Schnittmustern gibt es verschiedene Wege, wie mit der Nahtzugabe umgegangen wird. Die Nahtzugabe ist sozusagen der äußerste Rand des Schnittteils. Darauf musst du achten, wenn du das Schnittmuster auf den Stoff überträgst und die Schnittteile zuschneidest.
In den Schnittmustern von Burda ist die Nahtzugabe nicht enthalten.
Die amerikanischen Schnittmuster von Vogue, Butterick und McCalls enthalten bereits die Nahtzugabe.
Generell kann ich aus Erfahrung sagen, dass bei englischsprachigen Schnittmustern die Nahtzugabe meist enthalten ist.
Meine Schnittmusterempfehlung für Schnittmuster, die (fast) immer passen sind folgende:
Tipp 3: Schnittmustergröße nicht gleich Konfektionsgröße
Beim Nähen musst du dich von einigen Dingen frei machen – nicht nur, wenn du ein Kleid anprobierst. Denn beim Selbernähen von Kleidung stellst du wahrscheinlich einige Dinge über deinen Körper fest, die du vorher noch nicht wusstest.
Zum Beispiel sind viele Menschen asymmetrisch gebaut, also ist eventuell eine Brust größer als die andere oder ein Arm länger als der andere. Nähst du deine Kleidung selbst, fallen dir solche körperlichen Unterschiede zum Normkörper vielleicht eher auf, als wenn du Kleidung kaufst.
Und besonders wichtig ist ein gesundes Selbstverständnis, dass eine Schnittmustergröße oder eine Konfektionsgröße keine Bewertung deiner Figur ist, sondern einfach ein Standard, damit Kleidung nachgenäht oder in Massen produziert werden kann. Es ist also völlig normal, wenn die Schnittmustergröße nicht deiner Konfektionsgröße in einer Fast Fashion Kette entspricht und du eine größere Größe brauchst.
Besonders, wenn du nach älteren Schnittmustern nähst, wird dir auffallen, dass sich die Größen im Laufe der Jahre verändert haben.
Tipp 4: Einstellungen vor dem PDF Ausdruck überprüfen
Bei PDF- Schnittmustern ist ein sehr wichtiger Tipp, den du nicht vergessen solltest, das Testquadrat. Jedes gute PDF-Schnittmuster hat ein Testquadrat.
Drucke dir immer zuerst die Seite mit dem Testquadrat aus und prüfe, ob dein Drucker wirklich richtig eingestellt ist. Denn manche Drucker haben Voreinstellungen, die alle Ausdrucke skalieren und das willst du bei einem Schnittmuster in der Regel nicht.
Also, bevor du den Schnitt ausdruckst, kannst du schon dafür sorgen, dass er später deinen Maßen entspricht.
Tipp: Zudem solltest du prüfen, ob der Drucker nur einseitig druckt. Mir ist es schon oft passiert, dass ich im Büro einen Schnitt zum Testen ausdrucken wollte und sehr viel Papiermüll produzierte, denn die Voreinstellung hatte ich nicht entfernt.
Tipp 5: Stoffqualität nach Schnittmusterangabe wählen
Im Schnittmuster gibt es immer Angaben, welche Stoffqualität du für den jeweiligen Schnitt verwenden kannst.
Sei also vorsichtig, wenn der Schnitt Jersey oder andere elastische Stoffe vorgibt und versuche nicht den Schnitt aus einem wunderschönen Baumwollstoff zu nähen. Das Kleidungsstück kann dann nicht passen!
Schnittmuster für Jersey oder andere elastische Stoffe haben eine Besonderheit in der Schnittkonstruktion, denn sie werden ohne Zugabe konstruiert. Somit berechnet der Designer schon beim Schnitt ein, dass der Stoff sich später dehnen wird. Das geht natürlich nicht, wenn du statt eines Baumwoll Jersey Stoffes mit 5 % Stretch einen Baumwollstoff als Webware mit 0 % Stretch verwendest.
Befolgst du diese fünf Tipps, dann wirst du in Zukunft nicht das Problem haben, dass du ein Schnittmuster zu klein zuschneidest, vernähst und dann dein Kind oder dich unglücklich machst.
Hast du vielleicht noch weitere Tipps und Tricks, damit das Schnittmuster auch in der Größe passt? Vielleicht kennst du noch einige Blogbeiträge, die Schnittmusteranpassungen für bestimmte Körperformen erklären? Dann teile doch diese Fundstücke aus dem Netz mit unseren Lesern und mir!